Wasser und Tee von Morgenfrüh bis Abendspät

Das Fasten war eine Erfahrung wert. Ich bin ja bereits stark mit dem Thema Ernährung beschäftigt. Doch was passiert, wenn ich einmal nichts esse? Aus gesundheitlichen Gründen aber auch wegen grosser Neugierde ging ich dafür 5 Tage fasten.

Nach dem „Essensabschiedstag“ ging es los. Von Morgenfrüh bis Abendspät nur Wasser und Tee. Zu Beginn fühlte ich mich müde und erschöpft. Ich hatte teilweise leichte Kopfschmerzen, Schwindel und Gelenkschmerzen – aber ansonsten fühlte ich mich gut. Und die Beschwerden liessen nach 3 Tagen nach. Anscheinend hängen die körperlichen Reaktionen stark davon ab, wie viele Giftstoffe man in sich trägt. So können die ersten Tage leichter oder weniger leicht ausfallen, je nach Entgiftungsstand.

Nach dem dritten Tag ging es mir gut. Ich war zwar schnell müde, doch das gehört anscheinend dazu. Der Körper schaltet auf Slow-Motion um. So fühlte es sich für mich zumindest an. Schnell irgendwo hin gehen lag nicht mehr drin. Musste es auch nicht mehr. Erwartungs- und fast schon Ziellos durfte ich die Tage verbringen. Mein einziges Ziel war das Fastenbrechen am Samstagmittag. Also 5 Tage zu fasten… Das Gute war, dass die Zeit mit einem mitkommt, zwar in dieser Woche sehr schleichend und unglaublich langsam…

Das berühmte und oft berichtete Fastenhoch erlebte ich nicht wirklich. Diese pure hochglänzende Freude blieb aus oder ich erlebte sie einfach nur ganz kurz in dem Sinne des „Allmachtgefühls“. Richtige und andauernde Freude empfand ich nach dem 4. Tag. Dies war jene Freude der Vorfreude auf das Ende. Ich war gespannt wie es sein wird, wieder etwas zu essen. Ich liebe es eben zu essen… Den Genuss des Essens und in die kulinarische Welt eintauchen – ja das ist meine Leidenschaft. So war es spannend dieses Thema ganz beiseite zu legen, nicht mehr zu kochen, fotografieren oder bloggen und die dadurch gewonnene Zeit anders zu investieren.

Das Fasten tat gut. Ich kam automatisch und auch gezwungenermassen zur Ruhe. Das tat als Ausgleich zum Alltag sehr gut. In dieser Ruhe und Fastenzeit konnte ich mich verstärkt meiner kreativen Seite zuwenden und malte Mandalas, schrieb viel oder las in einem Buch. In einem Buch lesen ist jedoch anders zu verstehen wie ich es normalerweise verstehe :). Es war nicht stundenlang auf dem Sofa liegen und Seite für Seite herunterzuschlingen. Die Konzentration liess ziemlich schnell nach. Nach 2 bis 3 Seiten lesen war Ende. Die Zeilen verschwammen und ich musste meine Augen schliessen und widmete mich einem Nickerchen. Ob dies im hohen Alter auch so sein wird? Nach den ersten aufkeimenden Ängsten, dass ich für immer mein starkes Augenlicht verloren und sobald das Fasten zu Ende ist, eine Brille kaufen müsste, realisierte ich, dass der Körper in jeder Hinsicht zur Erholung eingeschaltet war. Ich liess mich aufklären und erfuhr, dass dies ganz normal sei. So konnte ich mich entspannt dem Verlauf hingeben und ich wusste, dass alles in Ordnung war. Auch andere Menschen hatten das Fasten bereits überlebt – so werde auch ich dies überleben. Ich durfte mich auf meinen Körper verlassen, was ich wieder erlernen musste und noch immer muss.

So war es erlaubt immer wieder zu dösen und wahrhaftig die Seele baumeln zu lassen. Ausser am Morgen: da mussten wir zeitig aufstehen. Um 7Uhr waren Morgenübungen angesagt. Das macht Sinn – der Körper muss aktiviert werden. Danach ging es an die frische Luft. Stets so lange wie man es körperlich bewerkstelligen konnte. So vergingen die Tage mit einer sehr minimal gehaltenen Routine des Aufstehens, Körperübungen, Spazieren, Einlauf, Leberwickel, Spazieren und ins Bett gehen. Die Zeit dazwischen war frei zur Verfügung und alles ausser Essen war erlaubt.

Durch diese Erfahrung habe ich bemerkt, dass ich 5 Tage ohne zu essen überlebe. Nicht nur überlebe, sondern wirklich leben kann. Zudem erlebte ich, dass sobald der Darm leer ist, ich keinen Hunger mehr verspürte. Der Körper schaltet automatisch und von alleine auf Fasten um. Er funktioniert also reibungslos. Eindrücklich war die Erkenntnis, dass das vermeintliche Hungergefühl von meinem Kopf her gesendet wurde. In den ersten Tagen schob oftmals der Kopf Panik und meinte: du musst nun doch etwas essen sonst überlebst du nicht! Stopp, du musst dich schonen, denn du hast nichts gegessen. Doch wenn ich dann auf meinen Körper horchte, war dieser ganz entspannt und voller Kraft. Das war sehr spannend festzustellen.

Gegen Ende der Woche war ich natürlich sehr gespannt, wie das Fastenbrechen sein wird. Fastenbrechen war bei uns auf Samstagmittag gesetzt und bedeutet, dass dann die erste Mahlzeit eingenommen wird. Dafür suchten wir am Freitagnachmittag einen Apfel im Bioladen aus, jede ihren persönlichen nach Wahl. Ein kleiner Apfel würde reichen meinten die Erfahrenen unter uns. Ich wollte es nicht glauben und kaufte einen etwas grösseren aus Angst, nicht genügend zu haben (ja man lernt zu jedem Zeitpunkt mehr über sich… :)). Am nächsten Tag wurde ich eines anderen belehrt! Nicht einmal die Hälfte des Apfels mochte ich verspeisen. Nach achtsamen Erkundigungsminuten des Apfels mit riechen, tasten und spüren, war der erste Biss angesagt. Was für ein Erlebnis! Was für ein Geschmack! Diese Süsse! Einfach himmlisch! Es war so schön diesen Apfel mit Genuss zu verspeisen – und zwar so richtig und bewusst geniessen – nur der Apfel und ich. Eine Hingabe für sich!

Ich genoss also einige Apfelschnitze und weiss nun: ein kleiner Apfel reicht völlig aus. Am Abend war Gemüse angesagt. Auch da: die Fülle und Vielfalt der jeweiligen Geschmäcker der Gemüsesorten ist unglaublich. Im Alltag geht dies schnell unter und vergessen. Schnell ein Sandwich oder Pizza reindrücken oder die Pflicht des täglichen Apfels abhacken und runterschlingen damit er drin ist und weiter gehts. Doch die Fülle und Bereicherung geht dabei vergessen und verloren… Schade eigentlich, denn der Genuss beginnt erst beim bewussten Essen. Ob ich dies täglich in meinen Alltag einführen kann, mal sehen. Aber zumindest ab und an bewusst geniessen, das nehme ich mir vor. Danke liebe Fastenwoche! Auch mein Körper und Gesundheit dankt! Es war ein Genuss auch ohne Speisen – jetzt freue ich mich auf die genussvollen Speisen :).

 

Zur Info: Dokumentationsfilm übers Fasten ausgestrahlt am 22. Februar 2016 auf Arte:

https://www.youtube.com/watch?v=bE2RWs2HF3o&feature=youtu.be